Sigurður Eggerz
Staatsmann
und Dichter, Autor der isländischen Unabhängigkeit
Sigurður Pétursson Eggerz, 1875 – 1945, Staatsmann, Jurist,
Minister, Premierminister,
Bankdirektor, Sýslumaður bzw. Bæjarfógeti
(Bezirks- bzw. Stadtverwalter) in Vík, Akureyri und
Eyjafjarðasýsla, war viele Jahre
Parlamentsabgeordneter (1911-1915, 1916-1926, 1927-1931). Sigurður
war ein wortgewaltiger Visionär und begnadeter Mann der Stunde,
der allen voran die alte Idee der
Unabhängigkeit
Islands auf friedlichem Wege vorantrieb. Er
führte schwierige
Verhandlungen mit dem dänischen König Kristjan X., die
schließlich in einem 25-jährigen Vertrag mündeten, der
am 1. Dezember 1918 in Kraft trat und den Isländern
unter der dänischen Krone Souveränität in eigenen
Angelegenheiten gewährte.
Der Vertrag lief nach 25 Jahren
am 1. Dezember 1943 aus und führte zur Erklärung der
von Dänemark unabhängigen Republik Islands am 17. Juni, 1944,
so wie Sigurður das in seinem
Lebenswerk angestrebt hatte.
Sigurður war zum ersten Mal Premierminister Islands
1914-1915, trat aber aus Protest
zurück als der
dänische König Kristjan X. sich weigerte die
Behandlung von isländischen Angelegenheiten den Isländern
selbst zu überlassen. Er war Finanzminister 1917-1920 und
erneut Premierminister von
1922-1924 und dann Bankdirektor der Islandsbank von 1924 – 1930. Es war
Sigurður, der am 1. Dezember, 1918 als damals amtierender
Finanzminister, die einmalige Ehre hatte die Regierungsansprache vor
dem Volk
anlässlich der von Dänemark erlangten Autonomie zu halten.
Nach seiner Rede wurde die isländische Fahne zum ersten Mal
feierlich
gehisst und der 1. Dezember wird seitdem als isländischer
Souveränitätstag gefeiert.
Näheres in den isländischen Parlamentsannalen: SigurðurEggerz
und SigurðurEggerz2
Sigurður war der Sohn von Pétur Friðriksson Eggerz
(1831-1892, Geschäftsführer des Handelsvereins von
Húnaflói) der wiederum Sohn von Friðrik Eggertssonn
(1802-1894) war. Friðrik , Pfarrer und Autor von „Úr
Fylgsnum fyrri Aldar“ hat den „weltmännischen“ Familiennamen
Eggerz anstelle von seinem angestammten patronymischen Namen Eggertsson
eingeführt. Guðmundur, der Bruder von Sigurður und Autor
von „Minningabók“ war auch lange Zeit Parlamentsabgeordneter
und "Sýslumaður" (1873 - 1957 GuðmundurEggerz).
Sigurður war verheiratet
mit Sólveig Kristjánsdóttir (1887 – 1975).
Sólveig stammt aus der Rekjahlíð-Familie, der Familie
aus der die meisten Premierminister Islands stammen: Sie war die
Tochter des
obersten Richters und Premierministers Kristján Jónsson
(1852 - 1926, siehe: KristjánJónsson
und KristjánJónsson2),
Bruder
vom Arbeitsminister Pétur Jónsson (1858 - 1922 PéturJónsson),
beide Söhne des
Parlamentariers Jón Sigurðsson á Gautlöndum
(1828
- 1889 JónSigurðssonÁGautlöndum).
Die Kinder von Sigurður und Sólveig waren Erna
Eggerz (1909 – 2002) und Pétur Eggerz
(1913 – 1994), der später
Botschafter in Straßburg und Bonn wurde. Beide wurden in
Vík während Sigurðurs Amtszeit als
Sýslumaður dort geboren.
Sigurður erlangte auch
Anerkennung als Schriftsteller und pflegte zu sagen "Der Dichter im
Politker darf niemals sterben". Er schrieb mehrere Theaterwerke,
Erzählungen, Gedichte und das beliebte Gedicht
„Alfaðir Ræður“ („Der Vater des Alls regiert“)
inspiriert durch ein tragisches Schiffsunglück 1917 an
der Südküste Islands bei Vík während
seiner Amtszeit als Sýslumaður dort. Dieses Gedicht, in
einer ergreifenden
Vertonung des bekannten Volkskomponisten Sigvaldi Kaldalóns,
wird heute noch oft auf
Beerdigungen vorgetragen (AllfaðirRæður).
Sigurður war wegen seiner Ansichten und Politik immer ein
umstrittener Mann. Die Integrität von Sigurður stand jedoch
niemals in Frage. Wir finden bei ihm keine persönliche
Bereicherung, Vetternwirtschaft, Frauengeschichten, Festkleben im Amt,
etc. Er war kein Berufspolitiker im heutigen Sinne, der einmal
gewählt, den Horizont nicht weiter als bis zur nächsten Wahl
steckt und Amt und Parteiapparat so zu nutzen lernt, dass er
für den Rest seiner Zeiten mit politischen Posten versorgt bleibt.
Sigurður wurde in den Parlamentswahlen im Jahre 1931 von einem
jungen Herausforderer geschlagen und begnügte sich damit, in
seinen alten Beruf als verbeamteter Sýslumaður, diesmal im
Norden Islands, zurückzukehren (Sýslumaður =
Bezirksverwalter, ein heute noch existierendes Amt, das
zurück auf den norwegischen König geht: ein
bevollmächtigter Statthalter des Königs für einen
Bezirk). Er blieb nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament durch seine
Beiträge in Funk und Presse - vor allen zum Thema der
isländischen Unabhängigkeit - ein einflussreicher und
geachteter Mann bis zu
seinem jähen Tod im Jahre 1945 in Reykjavík im Alter von
nur 70 Jahren.